Der Beruf des Redakteurs hat sich in den vergangenen Jahren analog zu den tiefgreifenden Veränderungen der Mediennutzung erheblich gewandelt. Zusätzliche digitale Publikationskanäle und crossmediales Publishing, aber auch neue Formen des Themenmanagements in allen Mediengattungen, lassen die Komplexität des Redakteursberufs und die Anforderungen an die Methodenkompetenz wachsen.
Redaktionelle Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter auf neue Rahmenbedingungen der Medienmärkte einstellen und den Wandel coachen. Um dies zu systematisieren ist ein redaktioneller Change-Management-Prozess erforderlich.
Wir sprachen mit Dr. Roman Leuthner, Referent des Seminars „Change Management in Redaktionen“ über die Parameter dieses Prozesses.
Sie sind als Consulter für Medienunternehmen tätig, verfügen aber bis zum heutigen Tag auch über ein hohes Maß an praktischer Erfahrung in der Führung von Redaktionen. Inwiefern hat sich der Beruf des Redakteurs Ihrer Einschätzung nach verändert?
Vor dem digitalen Wandel der Medienbranche, als Redakteure in klassischen Zeitschriften- und Zeitungsredaktionen und in einem relativ stabilen wirtschaftlichen Umfeld beschäftigt waren, haben sie vor allem Beiträge produziert. Ihre Qualifikation bemaß sich aus der Qualität der Texte, der Rechercheleistung, aus der Aktualität und Exklusivität der Informationen, die sie erarbeiteten, sowie aus der gestalterischen Attraktivität ihrer Präsentation.
Das gilt auch heute noch. Darüber hinaus ist der Redakteur aber noch weitaus mehr als Marken- und Zielgruppenmanager gefordert, das heißt: Er diversifiziert seine Rechercheergebnisse und spielt sie über viele Medienkanäle, die z. T. ganz unterschiedliche Informationsbedürfnisse von Teilzielgruppen erfüllen. Zweifelsohne muss er dazu noch näher am Puls der Menschen sein, für die er publiziert, und er muss stets die strategische Weiterentwicklung der Medienmarke als Ganzes auf dem Schirm haben.
Wozu aber bedarf es einer Change-Management-Strategie? Berufsbilder wandeln sich im Zuge von Veränderungen des Marktes doch laufend und passen sich neuen Herausforderungen an. Ist das nicht ein kontinuierlicher Prozess?
Selbstverständlich ist jeder Wandel ein kontinuierlicher Prozess, der nicht über Nacht kommt. Auch in der Medienbranche haben sich die Rahmenbedingungen für die redaktionelle Tätigkeit nicht von heute auf morgen gewandelt. Die Mediennutzung der Konsumenten allerdings hat sich derart dramatisch verändert, dass sie konzeptionell beantwortet werden muss. Und zwar für jedes Produkt und in jeder Redaktion. Dazu muss alles auf den Prüfstand: die Art der Informationsvermittlung, die technischen Verfahren und Abläufe in der Redaktion, die Qualifikation der Redakteure und das Themenmanagement.
Was unterscheidet ein redaktionelles Change Management von anderen Change-Strategien?
Wie der Name sagt: Es geht um die Redaktion und damit um die Produktion von Inhalten. Darauf ist das Change Management fokussiert. Meiner Einschätzung und Erfahrung nach bilden Inhalte – ob in Fach- , Special Interest- oder Publikumsmedien – die Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs von Medienprodukten. Dabei ist es wichtig, alle „Inhalteproduzenten“ konzeptionell mitzunehmen.
Was sind die Kernpunkte der von Ihnen skizzierten Change-Management-Strategie?
Die Strategie bezieht sich nicht nur auf Veränderungen, die infolge der Digitalisierung über die Medienbranche gekommen sind. Die crossmediale Inhalteproduktion steht im Zentrum der Strategie, weil sie Antwort auf die Digitalisierung und Ausdruck einer anderen und komplexeren Art der Informationsvermittlung ist. Aber es geht um alle Faktoren eines modernen Inhaltemanagements. Im einzelnen werden u.a. folgende Fragen analysiert:
- Wie lassen sich in Redaktionen Mediennutzer binden und neue Nutzer auf der Grundlage einer innovativen und zugleich kostenoptimierten Produktion von Inhalten gewinnen?
- Welche organisatorischen und technischen Voraussetzungen sind hierzu erforderlich?
- Wie lassen sich die Qualifikationen von Redakteuren weiterentwickeln, um Inhalte noch zielgruppenspezifischer zu vermitteln und um ein homogenes Themenmanagement aufzusetzen?
Nach der Analyse dieser Fragen geht es um die Optimierung bestehender Strukturen und um die Umsetzung der erforderlichen Veränderungsprozesse in der Redaktion. Dazu werden viele praxiserprobte Werkzeuge an die Hand gegeben, beispielsweise Tools für einen Statuscheck, für die Ziel- und Strategiedefinition, Messtechniken für die Evaluation von Optimierungen oder für das Themenmanagement wie eine Beitrags- und Channelmatrix.
Wie können redaktionelle Führungskräfte einen Change-Management-Prozess konzipieren und möglichst effektiv realisieren?
Dazu ist ein Projektmanagement erforderlich. Deshalb gehört auch ein Blick auf die Effizienz und Funktionalität verschiedener Projektmanagement-Tools zum Thema. Damit können die erforderlichen Veränderungsprozesse von der Themen- über die „Blatt“-planung bis zur Distribution von Inhalten methodisch geplant und realisiert werden.